Er steht

Er steht.
Auf wackeligen Beinchen noch und völlig selbstvergessen
hält er den Stein in der Hand.
Dann blickt er mich an, grinst sein fast zahnloses Lächeln
und fällt mit dem Po an die Wand.
Manchmal wagt er schon den ein oder anderen Schritt,
am Sofa entlang oder zu meinen Knien.
Doch sobald etwas anderes sichrer erschien
ist er schon wieder auf allen Vieren, hört auf zu probieren.
Und eigentlich hat das nicht so viel Sinn,
doch da geht mir auf, dass ich selber so bin.
Indem ich aufhör mich auszuprobieren
krabbel ich eigentlich auf allen Vieren.
Obwohl ich doch laufen könnte und springen und tanzen,
mich drehen und reiten und gut fühlen im Ganzen.
Wie ein Schwamm bin ich gerade – schrumplig und trocken,
immer wenn ich das merke bin ich etwas erschrocken.
Doch ihr sorgt für Wasser, für Wärme und für Licht,
und ich merke – ich tank auf, vertrockne doch nicht.
Und Tropfen für Tropfen für Tropfen werde ich weicher –
irgendwann bin ich gefüllt und dann gebe ich weiter.
Ich bin eine junge Pflanze, die Knospen brechen bange auf,
bald schon werde ich erblühen und ich freue mich darauf.
Auf wackligen Beinchen noch und völlig selbstvergessen
halt ich die Zukunft in der Hand
da blicke ich auf, grinse und fall mit dem Po an die Wand.
Vielleicht wein ich dann ein bisschen, vielleicht fängt mich jemand auf,
vielleicht gibt es dann auch jemanden der sagt: „Nochmal! Los! Komm schon! Lauf!“
– Und vielleicht ist es nicht schlimm, wenn ich noch ein bisschen krabbel
dabei Spaß hab, viel entdecke und etwas unverständlich brabbel.
Irgendwann – ich weiß es – wird es dann auch soweit sein,
dass ich stehen kann und laufen und das sogar ganz allein.
Ich bin dankbar für die Hände, die mich halten, stützen, fangen
Und bevor ichs recht bemerke bin ich den ersten Schritt gegangen.

Mein geliebtes Kind

Schon seit einiger Zeit schwirren ein paar Gedanken in meinem Kopf
und so pack ich diese Gelegenheit beim Schopf
und will dir mal meine Meinung geigen, will dir zeigen wie ich über dich denk, denn ich sehe dich vor allem als ein Geschenk.
Na? Was ist? Bist du jetzt überrascht? Hab ich dich bei einem ungläubigen Lächeln erhascht?
Ach Schatz, ich weiß doch, was sie über mich reden – den Mann mit weißem Bart und nie wirklich zugegen. Sie sagen du musst zu viel tun, um mich zufrieden zu stellen und machen um die kleinsten Dinge die allergrößten Wellen. Dabei ist es eigentlich anders, mein Kind. Ich hab dir doch gesagt, was ich das wichtigste find.

Liebe.

Mich. Deinen Nächsten. Und dich. Alles Andere ist nur nebensächlich.
Denn eins musst du wissen – das ist existentiell – dass ich der Liebe alles hinten anstell.
Wenn ich dich anseh tu ich das voller Stolz – so wie der Schnitzer seine Puppen aus Holz.
Du kannst gar nichts tun, dass ich dich weniger liebe – weil mir ansonsten mein Herz stehen bliebe.
Ich weiß, manchmal denkst du, ich interessiere mich nicht,
für deinen Tag, deine Probleme, für dich kleinen Wicht.
Und manchmal da glaubst du, ich könnte dich nicht verstehen – schließlich muss ich nicht mit Hormonen umgehen.
Aber weißt du – ich schuf dich – ich weiß wie du tickst, auch wenn du dich in Sorgen und Ängsten verstrickst.
Für mich gibt’s nichts Schöneres als dir beim Leben zuzusehen – bei der Arbeit, beim Schlafen und einkaufen gehen.
Dann wenn du Spaß hast und deinen Liebsten vermisst – wenn du spielst und wenn du weinst und wenn du mich ganz vergisst.

Nur eines ist noch schöner – wenn du dich zu mir gesellst und mir von deinen Freuden und Sorgen erzählst.
Du bist mein Kind – ich liebe alles an dir. Selbst deine Fehler und Macken sind Zier.
Bei deiner Zeugung und deinem ersten Brei – bei den meisten ersten Malen war ich irgendwie dabei.
Es war so lustig, wie du zu Laufen anfingst und später nicht ganz so als du auf Partys rumhingst.
Du selbst weißt am Besten wo du heute stehst – weißt, dass du manch große Dummheit begehst.
Doch glaub mir – in meinem Herzen, mein Schatz, hast du einen wirklich besonderen Platz.
sobald ich dich sehe, platzt mir der Kragen vor Freude – du bist der Beweis, das ich meine Zeit nicht vergeude.

Lass dir mal sagen: du bist der Grund für mein Glück – selbst wenn du meinst ich bin etwas verrückt.
Mit dir trink ich am liebsten ein Glas guten Wein. Ich liebe dich von Herzen und so wird es immer sein.

In Liebe

Ich

Hier seht ihr das neuste Video – produziert vom ERF in der Sendung „Gott sei Dank“.
Ich bin froh, dass ich mich getraut habe und wünsche euch viel Spaß beim Gucken und Anfangen!
(Sehenswert ist die ganze Sendung – mich seht ihr aber ca. ab Minute 10)
Und für die Eiligen gibts darunter auch noch das Kurzvideo.

„Und so schreib ich diese Zeilen um dir Mut zu machen,
mal Dinge zu tun, die andere schon machen.
Etwas anzufangen, was du länger schon willst
aber statt anzufangen lieber erst chillst.“

In meinem Herzen ist ein Keller, in den ich nur sehr ungern gehe.
Sich seinen Ängsten zu stellen tut weh. Und gut.
Ein Text über Ängste, weiße Leinwände und eine mittlerweile lieb gewordenen Freundin.

„Mein Name ist Almut Holmer.
Ich lebte bisher schon 24 Jahre, glaubte immer an das Wahre
und auch an das Gute in uns, an Gott und an die Kunst,
und daran, dass wir am Ende sicher alle lachen.“

Dieser Text ist der erste Text, den ich in Reimform schrieb. 2013 saß in der Bibliothek, studierte und erfuhr zum ersten Mal von den Dramen im Mittelmeer. Er handelt von Menschen und Mauern. Manche unterstellen mir Naivität, zu viel Moral oder vielleicht sogar Dummheit für diesen Text.  Es ist wichtig zu sehen, wann dieser Text entstand, um zu verstehen, dass ich auf ein Problem hinweisen wollte, von dem ich und sehr viele Andere zu diesem Zeitpunkt nichts wussten oder wissen wollten. Selbstverständlich gibt es keine einfachen Lösungen.
Der Text ist jetzt einige Jahre alt. Kaum etwas hat sich geändert und gleichzeitig sehr viel.
Doch nach wie vor stehe ich zu diesen Zeilen:

„Und mir Krümel fällt ein: Vielleicht kann ich ein Krümel in Europas Luftröhre sein.
Also lasst uns hinsehen, aufstehen, rausgehen.
Lasst uns was bewegen, lasst uns zücken die Degen oder besser: Gebete , Kerzen und Segen. Lasst uns nahe stehen. So nahe. Hautnah. Lasst uns verbünden, verbinden mit allen. Lasst endlich wieder Mauern fallen!“

Danke an NIA-Wortmusik für die Produktion dieses Videos und all eure Unterstützung!

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ALMUT VÖLKNER     |     kontakt@almut-wortkunst.de     |     0176 - 61474791